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Sinklöcher am Ein Gedi Strand in Israel //

Projektarbeit im Master

Europäische Medienwissenschaften

an der Universität Potsdam

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Das Tote Meer ist nicht tot. Aber es stirbt.

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Der See am Ende des Jordans existiert und (über-)lebt bereits seit Jahrtausenden dank einer ausbalancierten Alternation von Frischwasserzufuhr aus dem Fluss und Verdunstung an bis zu 50 Grad Celsius heiß werdenden Sommertagen.

 

Seit dem Beginn des landwirtschaftlichen Anbaus in der Wüste, der Ansiedlung von Fabriken zur Mineralstoffgewinnung, der erhöhten Grundwasserentnahme auf israelischer und jordanischer Seite sowie der Schaffung touristischer Infrastruktur, kurzum durch das Eingreifen und Beschlagnahmung der natürlichen Ressource durch den Menschen ist die natürliche Balance des Toten Meeres gekippt.

 

Die ständige Wasserentnahme aus dem Jordan, die auch an politische Machtkonflikte gekoppelt ist, führt zu einem radikalen Rückgang des Toten Meeres. Bis zu einem Meter pro Jahr sinkt der Wasserspiegel.

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Doch der See ist hygroskopisch, d.h. er besitzt die Fähigkeit, Wasser aus der Umgebung aufzunehmen. Diese quasi von Beginn an eingebaute Lebensversicherung verhindert eine gänzliche Austrocknung und damit einen endgültigen Tod des Toten Meeres.

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Dem Bumerang-Effekt gleich spürt der Mensch nun selbst die Folgen seines Eindringens. Seit den 1980ern erscheinen quasi aus dem Nichts sogenannte Sinkholes (Einsturztrichter oder Senklöcher) an den Ufern des Toten Meeres. Sie entstehen dadurch, dass aufgrund des sinkenden Salzwasserspiegels mehr Süßwasser seinen Weg zu den unterirdisch liegenden Salzschichten findet, dieses auflöst und wegspült.

 

Dadurch wird der Boden ausgehöhlt und bricht ein. Schilder am begehbaren Umland des Toten Meeres warnen vor den Sinkholes, weil sie unvorhersehbar und unaufhaltsam sind. Über 5000 Senklöcher säumen die Ufer und verwandeln die Wüste in eine Mondlandschaft. Die ansässigen Menschen verlieren wortwörtlich den Halt unter ihren Füßen, der Boden, ihr Lebensraum wird ihnen entrissen.

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Der Ein Gedi Strand ist einer der Orte, an denen die Zerstörung deutlich zu sehen ist. Vom ehemals dort angesiedelte Kibbutz und das von dessen Mitgliedern finanzierten Strandbad für Touristen sind heute nur noch Ruinen und vereinzelt herumliegende Überreste sichtbar.

 

2015 rutsche plötzlich ein Stück der Haupttransportstraße Route 90 in die Tiefe. Ein Senkloch entstand. Auf der Touristenwebsite des Toten Meeres steht dazu momentan Folgendes geschrieben: „The old Ein Gedi beach is closed until further notice.“

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Die nötigen temporären Notlösungen, um die Versorgung und den Transport von Menschen zu gewährleisten (Tunnel, Damm, Brücke), werden immer wieder durch neu entstehende Sinkholes oder Flutungen zerstört. Es scheint, als würde das Biest immer wieder die Fesseln zerschlagen, die ihm der Mensch beim Versuch, es zu bezwingen, aufdrängen will. Nur, dass der Mensch in dieser Analogie das eigentliche Biest und die Erde das Opfer ist.

Wo einst Millionen Shekel in ein touristisches Paradies, ausgestattet mit Restaurant, Tankstelle, Parkplatz und einem Campingplatz, gesteckt wurde, steht jetzt nur noch eine Geisterstadt. Vieles ist mit Stacheldrahtzaun abgegrenzt, handgeschriebene Warnschilder stehen davor. Ständig und überall finden sich Risse im Asphalt und Löcher im Boden, die ausschauen, als hätten Bomben eingeschlagen. Es sind Bilder der Zerstörung.

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Der Verlust des Bodens ist gleichzeitig ein Verlust von landwirtschaftlicher Nutzfläche und damit auch ein Wegbrechen der finanziellen Einkommensquelle des Kibbutz. Mit dem Verlust der Erde unter den Füßen, verlieren sie auch Stabilität in seinem Leben, Sicherheit.

 

Weil es weder Unterstützung von Seiten der Regierung gibt, noch langfristige Lösungen, sehen sich die Anwohner in ihrer Existenz bedroht. Sie bangen um ihre Zukunft.

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Am Beispiel des Kampfes zwischen Natur und Mensch am Ein Gedi Strand wird deutlich, dass der Mensch abhängig ist von seiner Umwelt, dass er sich als Teil dieser begreifen muss, um in Symbiose mit ihr leben zu können.

 

Es wird ebenso sichtbar, dass eine Entkopplung des Menschens und eine damit scheinbar möglichen Unabhängigkeit dazu führt, dass der Mensch zerstörerisch auf seine Umwelt einwirkt und im Gegenzug von dieser verschlungen wird.

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